Das US-Rezessionen und ein Einbruch an den US-Aktienmärkten in unmittelbaren Zusammenhang stehen sollen, leuchtet irgendwie ein.
Wenn man aber wissen möchte, wie überhaupt eine (statistisch erfasste) Rezession zustande kommt, wird es kompliziert. In den USA ist das NBER-Institut das offizielle Organ für die Benennung von dieser Art der Konjunkturzyklen – dieser Behörde obliegt es eine Rezession auszurufen oder auch nicht.
Da sogar ich als alter Börsianer mich gar nicht mehr so richtig an die letzte Rezession erinnern kann, wird es für neue Börseteilnehmer schwierig zu erkennen, wann eine solche auftritt, wie sie verlautbart wird und wann diese im Endeffekt wirklich ausgerufen wird.
Also: natürlich kann ich mich an die letzte Rezession erinnern, denn das war die Geburtsstunde meiner Börsenampel. Ich hatte es satt und fühlte mich einigermaßen gepflanzt, dass es anscheinend nicht möglich war, eine Rezession zeitnah zu verkünden.
Alleine die Diskussionen im Vorfeld darüber, ob wir (die USA) uns schon in einer Rezession befinden oder nicht war ein Aha-Erlebnis der Sonderklasse – und wenn man miterleben konnte wie offizielle Daten (Arbeitsmarkt, Häuserverkäufe, …) im Nachhinein korrigiert oder angepasst werden und mit welchem Zeitverzug manche Daten vorliegen, dann kann man erahnen wie schwer es ist, eine Rezession in Realtime zu erkennen.
Wie auch Robert Rethfeld in einer Wellenreiter-Wochenendkolumne kommentierte: „Die Feststellung einer Rezession durch das NBER erfolgt mit einem Zeitverzug, der schon mal ein Jahr oder länger betragen kann. Eine solche Arbeit hat keinen unmittelbar praktischen, sondern lediglich einen statistischen Nutzen.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
In einem Chart wo die Zeiträume von Rezessionen mit dem S&P500 übereinander gelegt wurden, kann man Zusammenhänge nicht leugnen – das ist aber leider die Betrachtung im Nachhinein. Wir werden bei einer kommenden Rezession die Daten erst wieder mit einer so großen Verzögerung geliefert bekommen, dass sie zur Früherkennung einer Krise absolut wertlos sind.
Was gibt es sonst noch auf dem Markt?
Die Federal Reserve of St. Louis hat einen Rezessionswahrscheinlichkeits-Index entwickelt, deren Daten seit 1968 vorliegen, der beispielsweise mit einer Kombination von Daten vom Arbeitsmarkt, der Industrieproduktion und einigen mehr arbeitet.
Dieser Indikator hat den Vorteil, deutlich vor dem NBER ohne Fehlsignal eine Rezession anzuzeigen. Hier werden die Daten mit einer Zeitverzögerung von drei Monaten veröffentlicht. Einige der benötigten Daten stehen nämlich nicht früher zur Verfügung. Wer diese verfolgen möchte: https://fred.stlouisfed.org/series/JHDUSRGDPBR
Zusammenfassend sei gesagt: „Ja, es gibt Zusammenhänge zwischen Rezessionen und Einbrüchen am Aktienmarkt – wir sind aber bis jetzt nicht in der Lage diese handelsnah zu erhalten“
Ich glaube man muss einfach akzeptieren, dass wenn es so einen Indikator in einen der großen Handelshäuser gibt – dieser für uns verborgen bleibt. Denn das wäre ein wirklicher Vorteil an den Märkten. Ein HolyGrail kombiniert mit Insiderwissen sozusagen. Das wäre so wenn wir vor der Lottoziehung die Zahlen wüssten.
Warum darf so ein Indikator nicht veröffentlicht werden? Ja was wäre der Erfolg beim Lotto wenn für die meisten Leute die Zahlen vorab bekannt wären? Dann wäre der Vorteil komplett dahin, denn jeder wüsste die Zahlen vorab und der Jackpot würde aufgeteilt auf alle die dieses Wissen haben.
Umgemünzt auf einen allseits beachteten und bekannten Rezessionsindikator wäre zumindest der geldwerte Vorteil dahin, denn um jetzt richtig Geld zu machen müssten die Einsätze extrem ansteigen, was wiederum das Risiko bei einem Schwarzen Schwan alles und ein bisschen mehr zu verlieren extrem ansteigen lässt.
Das heißt: Zur frühzeitigen Rezessionserkennung werden Echtzeit-Daten benötigt. Das sind beispielsweise
- Aktienindexkurse
- Anleihekurse und –Renditen
- Rohstoffpreise
- Devisenkurse und
- andere diverse Markstrukturdaten die wir täglich oder mindestens wöchentlich abrufen können. Hier sind die typischen NewHigh/Low, Advanced/Decline, Fear&Greed und wie sie sonst noch alle heißen genannt.
Diese sind auf verschiedenen Portalen meist kostenfrei abrufbar. Auch wir bei der Investorenwerkstatt verfolgen diese täglich zusätzlich zu diversen Preisdaten von Aktienindizes und Anleihen, um die Stimmung des Marktes besser einschätzen zu können. Ich lege großen Wert darauf, dass die Daten nicht als Einzeldaten dargestellt werden, sondern in einer laufenden Übersicht in einer Reihe liegen um Veränderungen möglichst einfach und rasch zu erfassen.
Und das funktioniert nicht, wenn Daten isoliert betrachtet werden. Ein Puzzlestück alleine sagt gar nichts aus, aber alle Puzzlestücke richtig zusammengefügt, ergeben ein stimmiges Bild.
Werfen wir einen Blick auf den Ampelchart, den ich um die Daten der offiziellen Rezessionen (schwarz) und den gemeldeten Daten von FRED (grau) ergänzt habe.
Man kann erkennen, dass die offiziellen Beginndaten einer Rezession sehr gut mit dem Chart harmonieren würden, wenn diese Daten wirklich zeitnah zur Verfügung stehen würden. Jetzt könnte man sofort annehmen dass einer der großen Handelshäuser genau diesen Indikator in seinen Händen hat und beim Anzeichen einer Rezession seine Bestände verkauft oder absichert.
Durch diesen Umstand beginnt der Markt zu fallen und andere Börsenteilnehmer verkaufen nun ebenso. Weitere Verkaufsorders werden in den Markt gelegt und so weiter…
Stopp – und schwarze Magie Ende!! Keine Verschwörungstheorien.
Auch wenn dies Wirklichkeit wäre, könnten wir nichts dagegen tun – daher schauen wir noch auf die FRED-daten welche alle 3 Monate zur Verfügung stehen. Und siehe da, so schlecht sind diese gar nicht. Alle Rezessionen wurden mustergültig erkannt. Nur mit der Länge haben wirs nicht so – vor allem in der 2001er Rezession wären wir viel zu früh im Markt. Grundsätzlich liefert der FRED-Indikator also recht passable Werte ab.
Ich wollte aber einen Schritt weiter gehen und den bekannten Ultra-Langfristigen-Aufwärtstrend für mich so nutzbar machen, dass eine Buy and Hold-Strategie bzw. eine Buy and Hold und Zukauf-Strategie psychologisch durchhaltbar sein muss. Wenn ich weiß in welcher Börsenphase der Markt sich befindet, kann ich viel bewusster und selbstbestimmter Entscheidungen treffen, die dem jeweiligen momentanen Anlegernaturell (ja, auch das ändert sich mit dem Alter…) am besten entsprechen!
Jeder Leser wird anders auf blinkende Grünphasen, Gelb- oder Rot-Phasen reagieren – je nachdem welche Ziele wir verfolgen, wie unser Barbestand aussieht, ob wir noch andere Werte außer Aktien auf der Habenseite stehen haben oder welchen Anlagehorizont wir verfolgen.
Viel Spass damit!
Danke auch an Delta10 aus Nils Gajowiys Inner Circle für die Anregung diesen Artikel zu schreiben!
Zur Erinnerung noch schnell die letzte 2007er Krise im Schnelldurchlauf:
Vom Dezember 2007 bis Juni 2009 dauerte die bislang letzte und heftigste Rezession seit der großen Depression 1929.
Die Subprime-Hypothekenkrise war der Auslöser zu einer globalen Bankenkreditkrise und auch Währungskrise.
Die Wirtschaft schrumpfte in fünf Quartalen, darunter vier Quartale in Folge. Zwei Quartale schrumpften um mehr als 5 Prozent, darunter das 4. Quartal 2008, das satte 8,2 Prozent verlor, mehr als jede andere Rezession seit der Großen Depression. Die Rezession endete im 3. Quartal 2009, als sich das BIP dank des Konjunkturpakets positiv entwickelte.
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